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Zervixkarzinom – bösartiger Gebärmutterhalskrebs

(Adenokarzinom -FIGO 1b2- 2007)

Ich hatte vor einem Monat Geburtstag; es war mein 40. Mir wurde eine Karte geschenkt, an die ich oft zurück dachte… Ab dem 40. geht’s bergab. Sehr originell! Die üblichen Karten zu runden Geburtstagen…

Seit ca. einem Jahr hatte ich immer wieder das Gefühl, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Beim Geschlechtsverkehr hatte ich leichte Schmerzen und schwache Kontaktblutungen. Zwei Jahre zuvor war mir eine Hormonspirale eingesetzt worden. Die Ärzte meinten, es würde vermutlich daran liegen. Zur Not müsse man sie wieder entfernen. Ich habe ungefähr 400 Euro für die Spirale bezahlt, sie sollte 5 Jahre ihre Pflicht tun. Sie nach zwei Jahren zu entfernen, gefiel mir gar nicht.

Ich bin mindestens drei Mal zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen, denn viel Freude hatte ich bei meinen intimen Zusammenkünften mit meinem Lebensgefährten nicht mehr. Es konnte jedoch nie etwas festgestellt werden; trotz vaginaler Abstriche, vaginaler Ultraschall und Ultraschall durch die Bauchdecke. Zuerst zweifelte ich an mir selbst, aber dann entschloss ich mich, eine weitere Meinung bei einem anderen Gynäkologen einzuholen und fragte aus diesem Grund eine befreundete Ärztin nach einer Empfehlung. Sie nannte mir zwei Adressen und ich machte bald einen Termin.

Ein Vorgespräch fand statt und eine Untersuchung inkl. PAP-Abstrich wurde durchgeführt. Eine Woche später kam ein Anruf der Gynäkologin, ich möge bitte die Praxis aufsuchen, da bei mir Krebszellen festgestellt worden seien. Sie sprach von einer OP, nur ein kleiner Eingriff, eine sogenannte Konisation. Vermutlich sei danach schon alles erledigt.

So erschreckend die Nachricht auch war, ich war froh, dass etwas gefunden wurde. Nun konnte mir geholfen werden.

Im örtlichen Krankenhaus wurde die OP durchgeführt und ich konnte wieder nach Hause gehen. Jetzt warteten wir auf das Ergebnis. Einige Tage später wurde ich wieder telefonisch kontaktiert… die OP habe nicht ausgereicht, es müsse noch eine weitere durchgeführt werden. Am besten ginge ich wieder in das örtliche KH, ein Termin sei bereits am kommenden Montag für mich angesetzt. Die Voruntersuchungen sollten am Freitag erfolgen.

Es wurde ein CT (Computertomographie) durchgeführt und Blut abgenommen. Daraufhin war mir ein Zimmer zugeteilt worden und ich wartete auf die Erläuterungen und Aufklärung zur anstehenden OP. Eine Ärztin ging mit mir in eine dunkle Sitzecke auf dem KH-Flur und erklärte mir in gebrochenem Deutsch die Durchführung der OP innerhalb von 5 Minuten. Sie zeigte mir anhand einer Skizze, dass sie meinen Bauch vertikal aufschneiden und mir die Gebärmutter und die Lymphknoten bis zur Bauchaorta entfernen würden. Die Eierstöcke könnten vermutlich erhalten bleiben. Danach müsse eine Chemobehandlung und Bestrahlung durchgeführt werden.

Zur Sicherheit!

Das saß! Wie viel kann ein Mensch ertragen? Kein Mitgefühl, kein freundliches Wort… Nur Fakten! Wird in der Uni eigentlich auch Psychologie gelehrt?

Eine Stunde später musste ich zum Chefarzt; Untersuchung und Patientengespräch. Er sagte: „Das bekommen wir schon hin, ich mache diese OP 1-2 Mal im Monat…“

Eine Wertheim-OP stand also an, der Klassiker. Dauer ca. 4-6 Stunden. Die OP wird bereits seit über 100 Jahren durchgeführt. Heilungschancen mit Chemo und Bestrahlung ca. 80-85%.

Ich bat den Arzt über’s Wochenende nach Hause zu können und nicht im KH zu verbleiben. Dem stimmte er zu. O. k., dann werde ich also operiert, dachte ich mir und begab mich in mein Schicksal. Die Familie kam samstags noch einmal zu Besuch und sprach mir Mut zu.

Als sich alle wieder zurück gezogen hatten, dachte ich bei mir, warum sehe ich nicht im Internet nach, was für eine Operation mir bevorsteht? Welche Nebenwirkungen oder Problematiken werden zu erwarten sein?

Also begann ich, das Internet zu durchstöbern…stundenlang las ich mir Berichte durch. Chemo und Bestrahlung wurden als kleines Übel beschrieben, was als Kampf gegen den Krebs unumgänglich war. Probleme beim Wasser lassen, Stuhlgang oder Geschlechtsverkehr galten als kleiner Preis für die Gesundheit. Das sollte meine Zukunft sein? Wollte ich das? Scheiße! Nein, das wollte ich ganz und gar nicht. Ich war schließlich erst 40. In der Blüte meines Lebens.

Also gut, dann sehen wir mal, welche Möglichkeiten es noch gibt. Man hat ja bekanntlich immer eine Wahl! Ich las mich also immer weiter in das Thema ein. Ich fand Berichte über diverse OP-Techniken, telefonierte mit meiner befreundeten Ärztin und einem mir bekannten Internisten a. D., um mir die unterschiedlichen Fachausdrücke erläutern zu lassen.

Spät an diesem Abend (ich hatte bereits einen Polterabend abgesagt, den ich gerne besucht hätte) hatte ich eine OP-Methode gefunden, die sich für mich als Laien sehr interessant und schlüssig anhörte. Die Rede war von einer neuen OP (TMMR totale mesometriale Resektion) ohne den Einsatz von Chemo und Bestrahlung (sofern die Lymphe nicht befallen waren) mit Heilungschancen von 95% (Stand 2007).

Die TMMR-Operation wurde entwickelt von Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Michael Höckel, Direktor der Universitätsfrauenklinik (Triersches Institut) Leipzig und Spezialist in der Behandlung von Krebserkrankungen des Genitaltraktes der Frau. Die neue Operationsmethode basiert maßgeblich auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich der Beckenanatomie der Frau sowie der Tumorausbreitung im menschlichen Gewebe innerhalb eines anatomischen Kompartiments. Das lokale Ausbreitungsgebiet des Tumors wird demnach aus der Embryonalentwicklung determiniert. Folglich breitet sich der Krebs nicht einfach räumlich aus, sondern wächst in den Gewebestrukturen, aus denen er embryonal hervor gegangen ist. Obwohl es keine mechanische Trennwand gibt, wird die angrenzende Harnblase aus diesem Grund während der frühen Karzinomausbreitung nicht vom Gebärmutterhalskrebs befallen. Auf der anderen Seite kann ein anderes Gewebe vom Tumor infiltriert werden, obwohl es lokal weiter vom Tumorgeschehen entfernt ist, jedoch derselben embryonalen Struktur angehört. Diese Erkenntnisse wurden durch langfristige Studien ausreichend bewiesen. Prof. Höckel und sein Team entfernen den Gebärmutterhalskrebs nun konsequent in seinen anatomischen Kompartimenten. Es werden dadurch artfremdes Gewebe wie Harnblase, Enddarm und angrenzende Nerven verschont.

Die TMMR-Operation sei aber nicht nur schonender, sondern wegen ihrer neuen Radikalität auch sicherer. Mit einer Heilungsrate von 97% (früher 80-85%) werde der bisherige Behandlungsstandart weit übertroffen. Bei der neuen Operationstechnik wird konsequent das gesamte kranke und für den Befall geeignete Gewebe entfernt, was eine Nachbehandlung durch Strahlentherapie überflüssig macht. (Quelle: Uniklinik Leipzig,  01.07.2009)

Das war mein Strohhalm, an dem ich festhielt.

Ich rief bei einem Onkologen an, der meiner Großmutter einst geholfen hatte, als diese an Krebs erkrankt war und bat ihn um seinen Rat. Er sagte mir, ich solle die OP am kommenden Montag absagen, denn Vertrauen zum Operateur sei das Wichtigste bei dieser Operation und der anschließenden Heilung. Dies sei ja offenbar gestört. Dann sollte ich ihm meine Untersuchungsunterlagen zukommen lassen, denn er habe am Montagnachmittag eine klinikübergreifende Tumorsitzung und würde meinen Fall als zusätzlichen Tagesordnungspunkt mit einbringen.

Die OP in der „Wald- und Wiesenklinik“ wurde also am Sonntag abgesagt. Am Montagmorgen holte ich meine Unterlagen ab. Der Chefarzt watschte mich noch beleidigt im KH-Flur ab und ich ging bestätigt aus dem KH.

Nach der Tumorsitzung rief mich der Onkologe an und sagte mir, dass es gut war, die OP abzusagen, denn allein die Voruntersuchungen seien mangelhaft gewesen. Die neue OP-Methode sei erörtert worden und einigen Kollegen von der gynäkologischen Onkologie bereits bekannt. Sie rieten mir entweder diese Leipziger Methode zu wählen oder nach Essen oder Berlin zu gehen.

Ich entschied mich für Prof. Höckel an der Uniklinik Leipzig und meldete mich zu einer Voruntersuchung an. Da ich bereits operiert worden war, durfte ich nicht zu lange bis zur nächsten OP warten. Ich erhielt einen Termin zwei Wochen später. Kurz vor meiner Abreise in Richtung Ostdeutschland erhielt ich vom Sekretariat Höckel einen Anruf, ich solle eine größere Tasche packen, da zwei Tage später auch kurzfristig ein OP-Termin frei geworden sei.

Dann konnte die Reise ja beginnen.

OP -TMMR-

Die OP dauerte 6 ½ Stunden; entfernt wurde meine Gebärmutter inkl. Des -Halses, beide Eierstöcke, 43 Lymphknoten im kleinen Becken, und umliegendes Gewebe aus dem Bauchraum. Es gab während der OP keine Komplikationen. Der Prof. sagte mir später, ich könne froh sein, dass ich nach Leipzig gekommen sei. Es sei sehr knapp gewesen, der Tumor sei bereits über 4 cm groß und kurz davor gewesen zu streuen bzw. in die Lymphknoten überzugehen.

Es gibt zwei Arten des Gebärmutterhalskrebses:

  1. Das Plattenepithelkarzinom (80%)
    Es wächst auf dem Gebärmutterhals und kann deshalb früh erkannt werden.
  2. Das Adenokarzinom (20%)
    Es wächst im Gebärmutterhals, im Drüsengewebe (sprich: von innen nach außen) und wird deshalb erst sehr spät beim Abstrich erkannt.

2012

Gut vier Jahre sind nun vergangen. Es gab nach der OP keinerlei Komplikationen.

Vor drei Monaten hatte ich eine Darmverschlingung mit einem Darmverschluss (Ileus). Dieser ist durch die Verwachsungen im Bauchraum nach der großen OP 2007 entstanden. Jeder Mensch hat unterschiedliches Heilfleisch, es bilden sich mal mehr, mal weniger Verwachsungen. Auch diese OP habe ich gut überstanden. Der Bauchraum wurde noch einmal untersucht und es konnten augenscheinlich keine Krebszellen festgestellt werden.

Ich bin regelmäßig zu den engmaschigen Nachuntersuchungen nach Leipzig gefahren. Ende des Jahres sind fünf Jahre vergangen und wenn Prof. Höckel kein Rezidiv feststellen kann, gelte ich als geheilt! D.h. das Risiko an Krebs zu erkranken, liegt bei mir genau so hoch, wie bei jedem anderen Menschen.

Ich bin wieder gesund und fühle mich wohl. Im April fahre ich mit meinen Inlinern beim Halbmarathon in Berlin mit. Mehrmals in der Woche schwimme ich 1000m oder bearbeite meinen Crosstrainer für eine Stunde. Wer hätte das im Jahr 2007 gedacht?! Das Leben ist lebenswert und es lohnt sich für sich zu kämpfen. IMMER.

Fazit

Ich kann jedem Menschen nur empfehlen, auf seinen Körper zu achten, in ihn hineinzuhören. Wenn Ihnen etwas Ungewöhnliches auffällt oder Sie das Gefühl haben es stimme etwas nicht, lassen Sie sich nicht abwimmeln oder überrumpeln. Bestehen Sie auf eine intensivere Untersuchung bzw. holen Sie sich eine zweite oder dritte Meinung ein.

Bei vielen speziellen OP sind die Fallzahlen eines Operateurs wichtig. Das bedeutet je mehr Operationen er im Jahr durchführt, umso besser kann er auch mit schwierigen Fällen und Komplikationen umgehen.

Warum empfehlen viele Ärzte immer nur das nächste Krankenhaus? Würden sie sich auch dort operieren lassen? Warum empfehlen sie ihren Patienten keine Spezialisten? Haben wir nicht auch ein Recht, die beste aller Möglichkeiten und nicht nur die nächste zu wählen? Keiner will das Zweitbeste!

Nicht jeder hat die Kraft bzw. die Möglichkeit sich allein zu erkundigen.

Es gibt in jedem Beruf schlechte, gute und sehr gute Handwerker, die meisten holen sich mehrere Kostenvoranschläge ein.

Tun Sie dies auch, wenn es um Ihre Gesundheit geht.

Dann können Sie herausfinden, ob das/der Nächste auch das/der Beste ist.

DENN…
… es ist Ihr Körper, der Ihre Seele/Ihren Geist durch das Leben trägt.

Nur wenn er heil ist und funktioniert, kann sich die Seele darin wohl fühlen.

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